Kompass für die Seele
Eine Mischung aus DocFleck, Peter Wohlleben, Stefanie Stahl und Jean Pütz – Halbwissen neu verpackt
Nach dem Millionenbestseller „Ernährungskompass“ hat Autor Bas Kast nun den „Kompass für die Seele“ geschrieben.
Fazit:
Wie schon beim Buch „Der Ernährungskompass – Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung“ wird auch auf dem Cover des Buches „Kompass für die Seele“ mit dem Untertitel „Das Fazit neuester Studien zu Resilienz und innerer Stärke“ geworben. Das ist schon ein stark abgeschwächtes Versprechen, war es doch beim Ernährungskompass bei weitem nicht eingelöst worden (siehe dazu auch meine Rezension). Dafür steht aber auf dem Cover im Kleingedruckten Stempel nicht weniger, als dass „10 wissenschaftlich erwiesene Wege, um Körper und Geist gesund zu halten“ präsentiert werden. Also doch wieder das hohe Versprechen, die dargelegten Inhalte seien wissenschaftlich erwiesen. Kann es der Autor diesmal erfüllen? Das Buch ist in 10 fortlaufende Kapitel und zwei Buchteile (Körper & Sinne, S. 9ff, und Psyche, S. 76ff) unterteilt. Nach der Einführung (S. 8ff) geht es mit „Nahrung für die Seele“ (S. 14ff) und „Ernährung – Die Zutaten einer entzündungslindernden Kost“ (S. 30ff) los. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit den Themen „Sport ist die beste Stressmedizin“ (S. 41ff), „Ein Wirkstoff namens Wald“ (S. 55ff), „Psychotherapie über Nacht“ (S. 68ff) oder meditativen, philosophischen und anderen Ansätzen zur Lebensführung sowie der Einnahme von Ecstasy oder Psilocybin (S. 111ff). Das Buch kann sich damit in eine Vielzahl von Lebenshilferatgeber einreihen, die mit gleichen oder ähnlichen Konzepten um die Ecke kommen und scheinbar bis heute noch nicht zu einem anhaltenden Zustand der weltweiten Glückseligkeit geführt haben, sonst würden nicht jährlich Hunderte neue Exemplare erscheinen. Nun hat auch Bas Kast seine Selbsterfahrung gemacht und lässt wie alle anderen Coaches, Psychologen und Gurus die Welt daran teilhaben. Das Buch fasst allerdings viele sonst nur in einem Buch vorgetragene Möglichkeiten zusammen und kann damit tatsächlich eine Art Kompass darstellen. Der Hauptunterschied besteht darin, dass der Autor laut eigener Auskunft zwei Kriterien hatte, um die einzelnen Methoden in sein Buch aufzunehmen: Selbstversuch mit Effekt und wissenschaftliche Untersuchungen. Das ist zwar lobenswert, doch viele Kapitel liefern Allerweltweisheiten mit Selbstverständnisgarantie: Sport, Bewegung an der frischen Luft, ein Waldspaziergang oder schöne Musik und ausreichend Schlaf machen den Kopf frei. Ausgerechnet beim Thema Ernährung verfällt der Autor zudem wieder in das aus dem Ernährungskompass bekannte höchst eigene Verständnis der wissenschaftlichen Arbeit. Als Hauptquelle dient mit Felice Jacka zwar eine profilierte Wissenschaftlerin, doch ausgerechnet bei einer Meta-Analyse, an der Jacka 2019 beteiligt war und die nur belastbare Studiendesigns ausgewertet hat, kommt zwar heraus, dass Ernährungsumstellungen sich positiv auf Depressionen und Angststörungen auswirken können, allerdings ist nur in 3 von 16 Studien eine mediterrane Ernährung getestet worden. Der Autor hebt allerdings nur auf mediterrane Ernährung ab, was die Studienlage überhaupt nicht hergibt (siehe dazu unten mehr) und zitiert dabei fast nur Frau Jacka. Die üblichen Geschichten über das gute Obst und Gemüse und weniger guten tierischen Lebensmittel werden dabei neu erzählt. Dabei zeigt gerade eine Korrelationsanalyse des World-Happiness-Index keinen Zusammenhang, dass Menschen glücklicher seien, wenn sie mehr Obst und Gemüse essen. Das hängt von ganz anderen Faktoren im realen Leben ab, nicht zuletzt dem Einkommen. Auch einzelne Lebensmittelinhaltsstoffe werden in ihrer Wirkung überhöht dargestellt ebenso das Thema „chronische“ Entzündungen. Es liegt auf der Hand mit einem Lebenshilferatgeber den Erfolg des Ernährungskompasses weiterzuführen, doch „wissenschaftlich erwiesen“ ist auch hier wieder zu hoch gegriffen. Das meiste beruht leider auf Eigenerfahrung, Anekdoten von anderen Erfahrungsberichten, Tierstudien, Mini-Studien mit Menschen oder Allerweltswissen und Küchenpsychologie aus dem Lebensfreude-Kalender vom PAL-Verlag. Letzterer liefert immerhin täglich einen Input …