Vince Ebert Lichtblick statt Blackout: Warum wir beim Weltverbessern neu denken müssen
Ein dringend notwendiger Diskursbeitrag
Vince Ebert dürfte vielen Menschen als Kabarettist bekannt sein. Ich war selbst einmal in einer seiner Bühnenshow, nachdem wir uns persönlich beim Future Day 2016 in Frankfurt kennengelernt hatten. Sein neues Buch hat mich interessiert, weil er als Physiker mit Sicherheit etwas von den Grundlagen der Energie und des Wetters oder Klimas versteht. Zudem hat er das nötige Werkzeug, um trockene Inhalte verständlich und mit Humor und auch einmal etwas Polemik rüberzubringen.
Fazit:
Das Buch ist in drei Teile unterteilt: „Mythen und Halbwahrheiten“ (ab S. 7ff), „Denkfallen und Irrationalitäten“ (ab S. 91ff) sowie „Lösungen und Alternativen“ (S. 145ff). Im ersten Teil werden klassische Narrative analysiert und eingeordnet: „Wir müssen der Wissenschaft folgen“ (S. 21ff), „Die Welt wird immer schlimmer“ (S. 33ff), „Klimaschutz ist der Megatrend“ (S. 48ff), „Energie lässt sich wenden“ (S. 61ff) und „Nachhaltigkeit“ (S. 75). In diesem Buchteil finden sich viele Phrasen und Slogans wieder, die wir in Talkshows, Medien, Büchern usw. sehen, hören und lesen, weil es einen gewissen Überhang von Weltuntergangspropheten gibt, die eher für Quote sorgen als eine nüchterne Analyse. Von Luisa Neubauer bis Eckardt von Hirschhausen, auch wenn sie nicht explizit zitiert sind, könnten reihenweise Äußerungen als Grundlage für dieses Kapitel dienen. „Die Wissenschaft“ wird regelmäßig gekapert, indem Studienergebnisse nach Gusto für die eigene Weltsicht umformuliert und interpretiert werden. Nur dass Aktivisten sich meist per se als „Die Guten“ sehen und gar nicht auf die kommen, dass sie selbst einer Fehleinschätzung unterliegen könnten. Im zweiten Teil geht es um die Art wie wir denken und warum wir Risiken, Chancen und Möglichkeiten häufig falsch einschätzen. Auch hier spielt die Kommunikation von Studienergebnissen wieder eine wichtige Rolle. Sie werden nicht zwangsläufig falsch wiedergegeben, aber es fehlt die Einordnung, zum Beispiel für die regionale Perspektive, Auswirkungen auf nachgelagerte Bereiche oder welche Voraussetzungen überhaupt erfüllt sein müssten, damit die postulierte Wirkung überhaupt eintreten kann. So ist Kernkraft verglichen mit erneuerbaren Energien sogar mindestens genauso sicher, was die Todesopfer durch diese Art der Energiegewinnung betrifft, und erfordern deutlich weniger Einsatz von Rohstoffen. Viele Versprechungen von Politikern, Aktivisten und auch Wissenschaftlern, die regelmäßig in Medienbeiträgen erklären, dass die Energiewende in Deutschland überhaupt kein Problem wäre, wenn wir nur wollten, kommen einem nach der Lektüre realitätsfern vor. Auch wenn man dies schon vorher vermutet hat, aber obgleich der Dominanz in der Kommunikation dachte, dass da zumindest etwas dran sein müsste, so fühlt man sich eher in seinen Zweifeln bestätigt. Zuletzt geht es bei den Lösungen um die Frage, wie wir Innovation und Technologie befördern können, um die Klimakrise zu überstehen. Dabei zeigt der Autor auf, dass sich die Menschheit bislang immer in Innovationszyklen bewegt hat, die letztlich selbst auch wieder zu neuen Herausforderungen geführt hat. Der Weltuntergang wurde schon immer vorhergesagt und ist bis heute nicht eingetroffen, obwohl die Bedrohungslage auch für die damals noch unwissendere Weltbevölkerung noch weitaus dramatischer erscheinen musste als für die heutige Wissensgesellschaft. Das Buch von Vince Ebert ist unterhaltsam geschrieben und lässt an vielen Stellen auch mal einen Lacher los. Auch wenn der Autor an der ein oder anderen Stelle mal nicht zitiert, wenn eine Zahl oder eine Behauptung aufgestellt wird, und auch hier und da zu oft betont, dass die Klimaschutzbewegung ihre Berechtigung hat, wenn mal wieder einen Witz über sie gemacht hat, dann ist seine Darlegung schlüssig und wohltuend. Das Buch lässt sich flüssig und rasch lesen. Sollte sich jeder einmal ansehen, egal welche Position er oder sie vertritt …